muyelinh's reviews
92 reviews

Blue Seoul Nights by Kara Atkin

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emotional relaxing sad slow-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? Yes
  • Diverse cast of characters? Yes
  • Flaws of characters a main focus? Yes

4.0

Endlich wieder Romance?! Meine Erfahrung mit dem Genre hält sich in Grenzen, und doch würde ich sagen, dass dieses Werk nicht der typische New-Adult-Bumsroman mit GROSSEM GEHEIMNIS und tonnenweise unnötigem Drama ist. Hier werden leise Töne angeschlagen, und auch wenn Traumata eine wichtige Rolle spielen, steht doch das Glück des Zusammenfindens zwischen Jade, die eingangs frisch nach Südkorea kommt, und Hyun-Joon, ihrem attraktiven und zugegebenermaßen wirklich charismatischen Love Interest, im Vordergrund.

Alle namentlich benannten Figuren in dem Buch sind sympathisch, und gerade zu Beginn macht die Story Spaß, wenn man Jade dabei begleitet, in ihrem neuen Umfeld klarzukommen, umgesetzt in einem authentischen Sprachstil. Das heißt aber nicht, dass es ein Wohlfühlbuch ist, denn eine schwere Vergangenheit nagt an der Protagonistin und verleiht ihrer Wahrnehmung der Welt und damit auch den Beschreibungen tiefe Melancholie.

Mit dem weiteren Verlautlf der Handlung wird alles noch etwas unaufgeregter, aber eine gewisse Anspannung bleibt, denn obwohl die Liebe zwischen den beiden, die in tollen Metaphern wie Jades "Mosaikherz" oder dem künstlerischen Bemalen der tristen Welt eingefangen wird, eine positive Note erblühen lässt, steigt auch der Druck, unter dem beide durch ihre zahlreichen Tätigkeiten und Verpflichtungen stehen, immer mehr an, bis es zum Finale kommt.

Der Titel "Blue Seoul Nights" ist insofern sehr gut gewählt, da er sowohl auf die ikonische Szene des Nachtspaziergangs der beiden verweist, als auch auf die Notwendigkeit, die eigene Beziehung wegen des akuten Zeitmangels in die Nacht verlegen zu müssen.

Gerade im mittleren Drittel des Buches plätschert die Geschichte in ziemlich ruhigem Fahrwasser. Ein bisschen mehr Spannungsmoment wäre nicht unbedingt schlecht gewesen. Dennoch ein recht überzeugendes Buch im Gesamtbild. 

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Die New York-Trilogie by Paul Auster

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challenging reflective tense slow-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? No
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? Yes

1.5

Im Idealfall ist der Kriminalroman eine der reinsten und faszinierendsten Formen des Geschichtenerzählens schlechthin. Die Vorstellung, dass jeder Satz wichtig ist, dass jedes Wort von Bedeutung sein kann, treibt den Autor zu Höchstleistungen. Und nur aus diesem Grund hat mich das Genre so interessiert. 

Paul Auster ist kein Kriminalschriftsteller, sondern in jeder Hinsicht ein Romancier im Kontext der postmodernen Literatur. Nur auf den ersten Blick beinhaltet dieser Band, der drei Geschichten zusammenfasst, "klassische, spannungsgeladene Kriminalgeschichte[n]". Stattdessen, so heißt es auf dem Buchrücken, "wird der Beobachter [...] in ein Spiel mit seinen eigenen Erwartungen verstrickt."

Man mag sich fragen, warum ich bis zu diesem Punkt bereits so viel in Zitaten spreche, und die Antwort ist, dass ich auf die Betrachtungsweise anderer zurückgreifen muss, da ich den Inhalt und die damit zusammenhängenden Botschaften dieses Werkes mit meinem konventionellen Blick auf Geschichten nicht hinreichend nachvollziehen kann.
Wie erzählt wird, scheint der Kern zu sein, anstelle eines konsistenten Plots.
Wie wird denn erzählt?
Im Buch selbst wird erwähnt, dass alle drei Geschichten eigentlich die selbe seien, und ich möchte mich deshalb eigentlich auch nicht mit dem Inhalt aufhalten, der sowieso nur als Rahmen zu dienen scheint. Als wiederkehrendes Motiv erscheint die Auseinandersetzung nach jemand anderem, einer Art Phantom, welche die Aufmerksamkeit der Protagonisten vollständig beansprucht und deren Leben umkrempelt. Dieser ganzheitliche Ansatz scheitert aber dahingehend, dass alles, was eine Wendung geben könnte, Zustände ändern würde, entweder gar nicht passiert, oder nicht gezeigt wird. Lediglich Blue in "Schlagschatten" ist ein Detektiv und nur zweitrangig ein Schriftsteller, und dementsprechend verhält sich auch niemand wie ein Detektiv, und die "Bösewichte" entpuppen sich letztendlich als zahnlos, sie wollen niemandem wehtun, und der Absturz der Protagonisten ist diesen selbst zuzuschreiben. Spannung kam nie auf, und fesseln konnte mich das Buch erst recht nicht.

Aber die Sprache !  Nun, abgesehen davon, dass ich sowieso ein Verfechter der These bin, dass eine interessante oder, Gott bewahre, sogar inspirierende Sprache niemals ausreicht, um einen schlecht oder nicht vorhandenen Plot auszugleichen - wohl selten habe ich derart unauthentische und dröge Dialoge gelesen. Kaum ein Satz fühlt sich so an, als könnte er in jedem Wort so gesagt worden sein, und diese Nicht-Sprache hat es kaum einmal versäumt, eine innere Distanz zu schaffen, die mir das Schicksal der Figuren weitgehend egal gemacht hat. Ich schweige am Liebsten auch von den Wort- und Sprachexperimenten, die für manche vielleicht Kunst in der Tradition eines Arno Schmidt, für mich hingegen unlesbar sind.

Unlesbar ist auch das richtige Stichwort für den Umgang mit Löchern in diesem Buch. Ich sage bewusst nicht Frauen, um mich so weit wie möglich der Denkweise der Handlungsträger anzupassen. Peter Quinn stellt sich seine Auftraggeberin, mit der ihn nichts verbindet, umgehend nackt vor. Blue bezeichnet seine Flamme als "zukünftige Mrs. Blue". Der namenlose Ich-Erzähler von "Hinter verschlossenen Türen" schießt den Vogel ab, für ihn sind Träger weiblicher Geschlechtsteile vollständig objektifiziert, und die Schilderungsweise ebensolcher Objekte bemisst sich ausschließlich daran, wie sexuell attraktiv sie sind. Wobei das auch wieder Nebensache ist, denn eigentlich ballert er jede. Sogar die Mutter seines Jugendfreundes (!)
Ich bin weiß Gott kein Hardcorefeminist. In einigen meiner Lieblingsbücher kommen sogar weitaus schlimmere Übergriffe vor. Aber dort spielen diese Szenen einen Teil der Geschichte, sie führen zu etwas hin, lassen die involvierten Frauen an ihrem Schmerz wachsen und als Subjekte große Emotionen ansprechen. Hier führen die Szenen hingegen nirgendwo hin, sie sind reiner Selbstzweck und vollkommen irrelevant.
Wer nach 1950 so schreibt, ist widerlich. Zumal die tiefe Einbindung des Autors in die Geschichte zumindest den Verdacht offen lässt, dass hier einiges nicht nur Fiktion ist.

Kommen wir zum Fazit und zu der Frage: Gibt es einen Sinn hinter der Geschichte? Nach der Lektüre glaube ich zu der Ansicht gelangt zu sein, dass dieses Buch ein Marionettenspiel ist, eine Auseinandersetzung des Autors mit dem Leser, in der Ersterer letztendlich einfach nur ein Spiel spielt. Mein Anhaltspunkt dafür ist, dass Paul Auster offenbar Themen, die ihn selbst bewegen, ohne Bindung und Erklärung in diese Geschichten einflicht, und das sind in erster Linie Debatten aus dem Kosmos eines hochgebildeten Schriftstellers.
Doch dort endet es nicht, Paul Auster tritt sogar selbst als Figur auf, um in einer Weise, die ich als unsäglich prätentiös empfunden habe, den Leser über die Autorenfiktionalität von Cervantes aufzuklären (nur eine von vielen belehrenden Passagen über Literatur, die von Krimis so weit entfernt ist wie Kapstadt von Hammerfest).
Ich komme nicht umhin, zu denken, dass Paul Auster das, was er schreibt, selbst für ziemlich heißen Scheiß hält. Es liegt für mich persönlich eine gewisse Arroganz des Autors darin, vom Leser ein Vorwissen zum Verständnis der eigenen Werke zu verlangen. Es mag dies der Kern der Postmodernen Literaturtheorie sein, doch für mich sollte ein gutes Buch eigenständig funktionieren.

Die "New York-Trilogie" liest sich wie ein literaturstudentischer Solo-Kreiswichs, der die Erkenntnisgewinne "Hinter verschlossenen Türen" des hermetisch abgeriegelten Zimmers des Schriftstellers feiert. Das ist sicher für eine gewisse Bubble das Elixier guter Literatur und hat damit auch definitiv eine Daseinsberechtigung. Was ich aber nicht verstehe, ist, wie so ein Buch es geschafft hat, so eine Massenware zu werden, dass die vorliegende Ausgabe bereits die 25. Neuauflage dieses modernen Klassikers darstellt. 
Zieht den Bayern die Lederhosen aus!: das FC-Bayern-Hassbuch by Niclas Müller, Torsten Geiling

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funny informative lighthearted fast-paced

3.75

Als passionierter Bayern-Hasser habe ich dieses schmale Büchlein aus einem Bücherschrank entwendet. Meine Hoffnung, tatsächlich auf Hass zu stoßen, wurde auch nicht enttäuscht. Auf launige Art werden hier die schönsten Fehltritte und die lächerlichsten Possen dieses Drecksvereins aufs Korn genommen. Sehr gelungen vor allem die ätzenden und konsequent durchgezogenen Neologismen bei der Benennung handelnder Personen, u. A. der "Firlefranz", das deutsche "Zum Hals-Raushängeschild" sowie die in jedem Kontext beibehaltene Bezeichnung eines bekannten mittelfränkischen Cholerikers als "Lodda". Auch die Feststellung, Giovane Elber sei "der Roberto Blanco des deutschen Fußballs" hat mich zum Schmunzeln gebracht.

Dadurch, dass das Buch schon 2002 erschienen ist, sind natürlich viele schöne Momente (Finale dahoam, 2:5 im Pokalfinale, 0:5 gegen Gladbach und weitere) nicht präsent. Gleichzeitig hätte die in den letzten Jahren erfolgte Monopolisierung des deutschen Fußballs durch den FC Bayern sicher Anlass zu noch weitaus giftigerer Auseinandersetzung geboten. Eine Neuauflage im Jahr 2023 könnte 500 Seiten füllen.

Nichtsdestotrotz ist es so, dass vieles in diesem Band wenig bis keine Substanz hat, angefangen bei den Statistiken bis hin zu Seiten, in denen dann doch gute Bayernspieler genannt werden (samt Aufforderung, diese Seiten herauszureißen, okay?!) und zahlreichen Verweisen auf das eigene Werk, die ich als störend empfand. Ein lustiger Jux für zwischendurch ist es durchaus, aber keine Bibel für die Rechtgläubigen abseits des Satansbratens aus Großkotzistan. 
50 by Nora Bartels, Hideo Yokoyama

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informative reflective slow-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? No
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? Yes

2.0

Mit dem opulenten 760-Seiten-Wälzer "64" hatte ich vor Jahren zum ersten Mal ein Buch von Hideo Yokoyama zur Hand genommen. Eine sehr spezielle Geschichte war das, die von der Konkurrenz ermittelnder Behörden in Japan handelte und abseits vieler Krimi-Klischees aus Europa vor sich hin wandelte. Und sich dabei zog wie ein Kaugummi, wenngleich die Auflösung doch irgendwie spannend war.

Nach langer Zeit der Verarbeitung las ich nun also "50" in der Hoffnung, auf 347 Seiten eine weitaus straffere und damit spannendere Handlung zu erhalten.
Die Prämisse klingt sehr mysteriös: Der Polizeihauptmann Sōichirō Kaji zeigt sich selbst an, nachdem er seine an Alzheimer erkrankte Ehefrau auf deren Verlangen hin getötet hat - allerdings erst zwei Tage nach der Tat. Darüber, was er in der Zwischenzeit getan hat, schweigt er jedoch eisern.

Die Dynamik des Falles entspinnt sich auch hier im Gegeneinanderarbeiten von Polizei, Justiz und Presse, was auch durch die sechs verschiedenen Erzähler deutlich wird. Typische Ermittlungen finden hingegen praktisch gar nicht statt, sondern werden sofort von den Institutionen im Keim erstickt. So kommt nie richtige Spannung auf, und das ungeklärte Mysterium bleibt der einzige Hook, der mich als Leser bei der Stange gehalten hat. Damit geht auch einher, dass sich der Status des Geschehens über einen Großteil des Buches nicht ändert, und dass es zu vielen Wiederholungen kommt. Zwar gibt es eine zufriedenstellende Auflösung, diese ist aber kein Schocker oder gar Twist, wie dies bei "64", wo das Ende das Buch zu einem großen Teil rettete, noch der Fall war. Im Prinzip ist das für mich kein Krimi, sondern ein Roman.

Ich hätte natürlich vorab ahnen können, dass es darauf hinauslaufen würde, hatte aber die Hoffnung, dass die guten Ansätze in einem kürzeren Umfang besser zum Tragen kommen würden. Nun weiß ich, dass man auch auf nur 350 Seiten eine sehr langweilige Geschichte erzählen kann.

Dabei ist das Buch keinesfalls schlecht geschrieben, als Roman hat es definitiv eine Berechtigung, und wer auf Slowburn und Charakterbeziehungen in einer von Ehrbegriffen geprägten Gesellschaft steht, hat mit diesem Werk sicher eine gute Zeit. Doch für einen Krimi fehlte es mir eindeutig an Spannungselementen oder überraschenden Wendungen. Nun bin ich sehr unschlüssig ob seines dritten Werkes "2", zwei Kurzgeschichten, die mit unter 100 Seiten auskommen. Einerseits würde sich der Zeitverlust dabei in engen Grenzen halten, sodass es geboten scheint, dem Autor nochmal eine Chance zu geben, andererseits bin ich nun auch irgendwie zu der Einsicht gelangt, dass Yokoyamas Zugang zu Kriminalhandlungen vermutlich nichts für mich ist. 

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Der Pfad der Adlerkrieger: Roman by Jin Yong

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adventurous inspiring medium-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? It's complicated
  • Diverse cast of characters? No
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3.5

Mit dem dritten Teil seiner berühmten Adlerkrieger-Saga beschritt Jin Yong weiter einen Weg, der sich leider zunehmend von der großartigen Handlungsstruktur des ersten Bandes entfernt.
Für die ersten zweihundert Seiten minimiert sich der Kreis der Figuren stark, weil Guo Jing, Huang Rong und der Bettlerfürst gemeinsam mit ihren Feinden Ouyang Feng und Ouyang Ke auf einer einsamen Insel gestrandet sind. Leider ist dieses im Folgenden sehr breit ausgewalzte Szenario ziemlich witzlos, da zumindest mir schon relativ früh klar war, dass keiner der Fünf abkratzen würde und deswegen alle Kämpfe bis fast zur Hälfte des Buches total unnötig waren. Dazu gehört auch, dass plötzlich das Mantra, böse Personen auf keinen Fall zu töten und sich stattdessen von Ihnen immer wieder angreifen zu lassen, obwohl man sich ihrer schon längst hätte entledigen können, sehr oft benutzt wird, um Antagonisten am Leben zu erhalten. Das nimmt ihnen jedoch sehr viel von ihrer Bedrohung, und im ersten Band war das noch nicht so.
Dazu muss sehr negativ angemerkt werden, dass Ouyang Ke und Ouyang Feng über einen ziemlich langen Zeitraum hinweg am laufenden Band verwechselt werden, sodass man sogar droht, den Überblick zu verlieren. Da war das Korrektorat total im Tiefschlaf, Schnitzer, die einem so renommierten Verlag niemals passieren dürfen. 

Des Weiteren macht es die Welt auch um Einiges uninteressanter, dass es jetzt 4 überkrasse Meister gibt, die jedem anderen total überlegen sind. Wo früher die Kämpfe total spannend und mitreißend waren, sind Figuren von damals, wie die Sieben Sonderlinge oder das Gefolge Wanyan Honglies, nun totale Stümper und die Kämpfe oftmals zu einseitig.

Zum Ende hin wird es wieder besser. Qiu Qianren bekommt eine Charaktertiefe, die ein paar Fragen aufklärt und der Story guttut. Die Kämpfe in Niu sind auch ziemlich gut, vor allem konsequent und auch spannender beschrieben als die der Meister, die durch ihr Kung-Fu-Fachchinesisch zu entrückt erscheinen. Yang Kang ist mittlerweile sowieso so etwas wie der einzige ambivalente Charakter und gefällt mir wieder gut.

Die Fortsetzung ist keine Verbesserung zu Band 2. Mal schauen, wie der Showdown so wird. Ich erwarte nicht mehr allzu viel, denn Stand jetzt müssen die beiden Helden und ihre Mitstreiter eigentlich nur noch Ouyang Feng fürchten, der aber allein gegen die verbündeten Meister auch keine Chance hätte. Hoffentlich taucht nur nicht wieder irgendwer wegen Missverständnissen plötzlich auf der anderen Seite auf, wie in diesem Band mehrfach geschehen... 
Der Schwur der Adlerkrieger by Jin Yong

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adventurous lighthearted medium-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? It's complicated
  • Diverse cast of characters? No
  • Flaws of characters a main focus? Yes

3.5

Irgendwie war diese Fortsetzung nicht mehr so genial wie der Auftakt, auch wenn man sich nun natürlich besser in der fremdartigen Welt zurechtfindet. Mein Hauptgrund, warum ich diesen Band deutlich schwächer bewerte, sind Dinge, die im ersten Teil noch herausragend waren: Die Figuren und die Kämpfe.

Guo Jing reist in diesem Buch um einiges mehr umher und erhält zwei neue Meister: Den Bettlerfürsten Hong Qigong und den "Alten Kindskopf" Zhou Botong. Leider konnte ich zu beiden keine besondere Beziehung aufbauen, weil sie mit ihrem überragenden Kung-Fu, welches das Können vorheriger Figuren bei weitem übersteigt, der Geschichte zunehmend entrückt und für mich nicht interessant waren. Dasselbe gilt auch für andere neu eingeführte Figuren. Insgesamt wirken die Personen über den Umfang der Ausgangsgeschichte hinausgewachsen und verschwimmen zu einer Art Einheit, die die großartige Unkonventionalität des ersten Bandes nicht widerspiegeln kann. Sehr schade!

Dazu kommt, dass auch die Kämpfe, im ersten Band ein absolutes Highlight, hier eher austauschbar wirkten. Zum einen werden ständig Techniken genannt, aber nicht erklärt, wodurch das ganze schwer nachvollziehbar ist. Zum anderen wirken die Umstände der Konflikte nicht mehr so organisch wie im ersten Band, und oft wird nur um des Kämpfens willen gekämpft, was total langweilig war, weil es ohnehin für niemanden Konsequenzen hatte. Ganz hart gesagt, ist nach diesem Band nahezu alles so, wie es vorher auch war.

Das Buch eine Enttäuschung zu nennen, wäre unfair, da es trotzdem viele spannende Momente, einen teilweise gut zündenden Humor und auch tolle Figuren (u. a. Huang Rong) oder Subplots (Yang Kang, der hoffentlich im dritten Band eine größere Rolle spielen wird, und Mu Nianci) aufweist. Auch die offensichtlich herausragende Übersetzung möchte ich erneut loben, wobei das Glossar im Vergleich zu Band 1 (keine Seitenangaben mehr, teilweise Wörter, die in diesem Band gar nicht vorkommen) abfällt. 
Die Legende der Adlerkrieger by Jin Yong

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adventurous inspiring tense medium-paced
  • Plot- or character-driven? Character
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  • Loveable characters? Yes
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  • Flaws of characters a main focus? Yes

4.75

"Das meistgelesene Fantasy-Epos aller Zeiten"? "Der chinesische Herr der Ringe"? Okay, das muss ich lesen. Also rein in diesen dicken Brocken, mitten in die legendäre Welt des alten China.

Nach einem kurzen Vorwort, das den unbedarften Leser ein erstes Mal vorsichtig in die Welt einführt, schließt sich direkt mal eine schier endlose Namensliste an. Und ja, natürlich ist es sehr schwer, sich erst einmal in diesem unendlichen Panorama zurechtzufinden und die ganzen chinesischen Namen, die stets mit Vor- und Nachnamen ausgesprochen werden, auseinanderzuhalten. Dementsprechend dauert es auch ein bisschen, bis man richtig in der Geschichte drin ist. Aber Hallelujah, dann läuft die Story wie frisch geölt!

Angesiedelt ist das Setting um das Jahr 1200, und der übergreifende Konflikt speist sich aus dem Gegensatz zwischen der südlichen Song-Dynastie der Han-Chinesen und dem von den nomadischen Jurchen eroberten Nordchina. Darüberhinaus spielen auch die Mongolen und andere Stämme jenseits der großen Mauer eine wichtige Rolle, wobei auch historische Personen, allen voran natürlich Dschingis Khan, aber auch seine Söhne und Generäle eine Rolle spielen.

Die tatsächlichen Helden der Geschichte agieren jedoch abseits der Paläste: Es sind Mitglieder des Jianghu, der Vereinigung der Kung-Fu-Kämpfer, die in vieler Hinsicht ihr eigenes Ding durchziehen.
Die Hauptfigur ist der Junge Guo Jing, der in der Mongolei aufwächst und für einen brisanten Kampf gegen einen ihm unbekannten Gegner ausgebildet werden soll. Guo Jing erinnert mit seiner starken Naivität und seinem goldenen Herzen stark an Son-Goku aus "Dragon Ball", und ist ein liebenswerter Protagonist. Noch besser sind seine Lehrmeister, die sieben "Sonderlinge des Südens", eine Gruppe von Kämpfern, die alle durch vollkommen unterschiedliche Kampfstile und Charakterzüge eine anziehende Mischung bereithalten.

An dieser Stelle alle Charaktere aufzuzählen, würde natürlich viel zu weit führen. Es sei damit getan, dass der Autor sehr viel Zeit und Mühe investiert hat, um zahlreiche großartige Figuren zu entwickeln, die alle ganz verschieden und doch auch in vieler Hinsicht natürliche Verbündete sind. Keiner entspricht dem gängigen Klischee des weisen asiatischen Großmeisters, sondern jeder ist fehlbar und menschlich. Jeder von ihnen könnte selbst mühelos eine ganze Geschichte tragen, und in dieser geballten Konstellation eröffnet sich eine Welt, die in zahlreichen Kategorien ihresgleichen sucht. 
Angemerkt sei auch, dass die weiblichen Figuren, vor allem dafür, dass das Buch original in den 1950er-Jahren geschrieben wurde, sehr fortschrittlich geschrieben sind. Natürlich sind sie wunderschön - aber gleichzeitig auch gleichberechtigte und ebenbürtige Kämpferinnen, die sehr wichtige Rollen übernehmen. 

Besonders fantastisch sind hierbei die Kämpfe. In wirklich jedem Kapitel geht es richtig zur Sache, und im Unterschied zu so vielen Fantasyreihen fühlt sich jeder Kampf nicht nur bedeutungsvoll, sondern genuin eigenständig an. Wo woanders nach Schema F rumgekloppt wird, entspinnen sich hier durchdachte Choreografien, die von den Eigenheiten der Kämpfenden leben. Manche haben enge moralische Grundsätze, andere wiederum gar nicht. Wieder andere schwimmen in der weiten Grauzone. Und natürlich unterscheiden sich auch die Konstellationen sowie die Fertigkeiten sehr stark, was immer wieder interessante, einzigartige Situationen produziert. Schon früh fiebert man richtig mit.

Es gibt immer wieder auch gewisse Längen, aber insgesamt ist diese Geschichte beeindruckend vielschichtig und komplex, und sie findet regelmäßig wieder zu den so atemberaubenden Actionsequenzen.

Mir bleibt also an dieser Stelle gar nicht mehr so viel zu sagen, außer die lebendige Übersetzung von Karin Betz zu loben, die diesen Balanceakt mit Bravour bestritten hat. 
Monstermäßig verknallt - Band 6 by Spica Aoki

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adventurous emotional fast-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? No
  • Loveable characters? Yes
  • Diverse cast of characters? No
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5.0

Monstermässig verknallt - Band 5 by Spica Aoki

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  • Strong character development? No
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4.5

Monstermäßig verknallt – Band 4 by Spica Aoki

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  • Strong character development? No
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  • Flaws of characters a main focus? Yes

4.0