A review by marlonski
Offline ist es nass, wenn\'s regnet: Digital-Detox-Roman by Jessi Kirby

adventurous inspiring lighthearted reflective fast-paced
  • Plot- or character-driven? Character
  • Strong character development? Yes
  • Loveable characters? It's complicated
  • Diverse cast of characters? N/A
  • Flaws of characters a main focus? Yes

2.75

Ich gehöre zugegebenermaßen nicht mehr zur Zielgruppe des Buches, das ja eher dem Young Adult-Kosmos zuzuordnen ist, jedoch hatte ich ein wirklich nettes Leseerlebnis. Die angesprochenen Probleme und Kernaspekte des Buches sind auch noch für Leser und Leserinnen interessant, die schon aus ihrer Schulzeit heraus sind, aber immer noch mit der eigenen Identität und Wohlbefinden zu kämpfen haben. Zentrales Thema sind die Selbstzweifel und Verlorenheit der Protagonistin Mari, die im Verlauf des Buches immer wieder adressiert und überwunden werden. All das ist wirklich glaubhaft beschrieben und sehr spannend mitzuerleben. Durch die sehr schnelle Pace des Buches hält sich der Spannungsbogen durchgehend, auch wenn es zuweilen deutlich zu schnell ist; Charaktere bleiben im gesamten Verlauf des Buches eher flach und die Autorin nimmt sich auch nur selten Zeit, die Nebenfiguren zu entwickeln. In den seltenen Fällen, in denen das passiert, kommt es einem schon absurd schnell vor.
Das hängt auch damit zusammen, dass Konflikte zwischen den Charakteren eigentlich immer sehr schnell und diplomatisch gelöst werden, was dafür sorgt, dass alles sehr eindimensional, kitschig und auch etwas Friede-Freude-Eierkuchen-mäßig wirkt. Als Beispiel:
Als Beau seinen Freund Josh mit seiner Ex-Freundin konfrontiert, läuft Josh bei der Wanderung einfach weit voraus. Dann gibt es ein zwei Seiten langes Gespräch zwischen Mari und Josh und am Ende hat sich die ganze Gruppe wieder lieb mit Gruppenumarmung, schlechtem One-Liner und allem drum und dran.
Diese Art von Kitsch ist teilweise echt hart zu ertragen, aber irgendwie hat das auch so einen gewissen Charme. Denn über den Kitsch wird letztlich auch immer wieder die Szenerie des Buches beschrieben, die den Yosemite-Nationalpark darstellt. Und das gelingt der Autorin wirklich gut! Zentraler Teil des Plots ist Maris Wanderung durch den Nationalpark und beim Lesen bekommt man wirklich sofort richtig große Lust, selbst wieder Wandern zu gehen, oder sich selber wieder eine sportliche Challenge zu setzen und dafür muss ich dem Buch echt Props geben!
Dennoch gibt es zum Ende des Buches hin dann auch wieder einen Kritikpunkt, der mit der Pace zusammenhängt. Denn teilweise ist der Plot so schnell unterwegs, dass er vergisst, ein paar der Sub-Plots bis zum Ende hin mitzunehmen. Ein erneutes Beispiel:
Mari verlässt ihr Zuhause, ohne ihrer Mutter eine anständige Erklärung zu geben, warum. Und auch, wenn öfter mal angedeutet wird, dass dies sicherlich Konsequenzen für die Beziehung zwischen ihr und ihrer Mutter haben wird, wird dieser ganze Subplot einfach nie wirklich aufgelöst. Tatsächlich gibt es nach dem Prolog keinen Dialog mehr zwischen den beiden, was irgendwie nicht gewollt sein kann. Da hat die Autorin vielleicht ein bisschen Deadlinedruck gehabt.
Hierbei ist definitiv sehr viel Potential flöten gegangen. 
Wenn man jedoch über die vielen Kritikpunkte hinwegsehen kann, verbirgt sich da eine schöne Geschichte über Selbstfindung und Identitätsbildung, die glaubwürdig ist und in die sich jeder Leser und jede Leserin an irgendeinem Punkt in seinem/ihrem Leben auch sicherlich mal reinfühlen konnte. Insbesondere für Jugendliche könnte das echt ein gutes Buch sein, um sich wirklich mal alleine mit dem Thema ,,wer möchte ich eigentlich sein?" auseinanderzusetzen.