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A review by muyelinh
"Erschrecken sie nicht, ich bin es selbst". Erinnerungen an Theodor Fontane by Wolfgang Rasch, Christine Hehle
challenging
funny
informative
slow-paced
4.75
"Es erübrigt noch zu sagen, daß Fontane (...) ein echter Mann von Ehre war." (S. 112)
Dieses Buch bietet nichts weniger als die volle Ladung Theodor Fontane, angereichert mit denkwürdig-komischen Episoden aus dem Privatleben des Literaten. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass Fontane und Freunde in der Weinstube Huth eines Abends unter dubiosen Umständen den stattlichen Betrag von 500 Mark Losgewinn versoffen? Oder, dass Fontane bei einer feierlichen Zusammenkunft, bei der zu Ehren jedes Gastes Trinksprüche in Reimform vorgetragen werden sollten, Gerhart Hauptmanns Vornamen vergaß und stattdessen auf Gustav reimte?
Von derlei Anekdoten läuft das Büchlein quasi über, wobei gerade die literarischen Zirkel wie der "Tunnel über der Spree" oder die erwähnte Huth-Runde einen breiten Raum einnehmen. Wer Fontanes Romane bereits gelesen hat, wird erstaunt sein, wie sehr der Autor den Stoff seiner Werke aus dem Leben gegriffen hat: Figuren wie Jenny Treibel, der exzentrische Kommerzienrat Ezechiel van der Straaten aus "L'Adultera" oder der Tropus des Bismarckhassers, etwa in "Irrungen, Wirrungen" oder im "Schach von Wuthenow", treten uns in diesen Erinnerungen als reale Personen gegenüber.
Wer dagegen noch nicht mit Fontanes, zugegeben todlangweiligen, Romanen in Berührung gekommen ist, kann das Buch trotzdem mit wundervoll ironischem Unterton lesen.
Auch die Persönlichkeit des Menschen Fontane wird hier beleuchtet, und durchaus nicht nur aus einer ehrfürchtig erstarrten Perspektive! Zwar überwiegt doch die Zuneigung der zeitgenössischen Erinnerer, jedoch zeichnen gerade die den Texten vorangestellten Einführungen Fontane als barschen Kritiker, der ihm zugetragene Werke schonmal als "freche Schmierereien" verunglimpfte, und zuweilen gar als beleidigte Leberwurst, der sofort den Kontakt mit Verlegern abbrach, wenn diese einem seiner Romane eine schlechte Kritik zuteilwerden ließen.
Fontane erweitert außerdem auf herrliche Weise meinen Wortschatz ("Heulmeier", "Schoflinskischaft", "Quatschpeter", und so fort...). Wenngleich der Sprachgebrauch nicht immer einfach ist und man dieses Buch trotz kurzer Kapitel und nur ca. 300 Seiten nicht schnell weglesen kann, eine geradezu vorzügliche Anthologie!
Dieses Buch bietet nichts weniger als die volle Ladung Theodor Fontane, angereichert mit denkwürdig-komischen Episoden aus dem Privatleben des Literaten. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass Fontane und Freunde in der Weinstube Huth eines Abends unter dubiosen Umständen den stattlichen Betrag von 500 Mark Losgewinn versoffen? Oder, dass Fontane bei einer feierlichen Zusammenkunft, bei der zu Ehren jedes Gastes Trinksprüche in Reimform vorgetragen werden sollten, Gerhart Hauptmanns Vornamen vergaß und stattdessen auf Gustav reimte?
Von derlei Anekdoten läuft das Büchlein quasi über, wobei gerade die literarischen Zirkel wie der "Tunnel über der Spree" oder die erwähnte Huth-Runde einen breiten Raum einnehmen. Wer Fontanes Romane bereits gelesen hat, wird erstaunt sein, wie sehr der Autor den Stoff seiner Werke aus dem Leben gegriffen hat: Figuren wie Jenny Treibel, der exzentrische Kommerzienrat Ezechiel van der Straaten aus "L'Adultera" oder der Tropus des Bismarckhassers, etwa in "Irrungen, Wirrungen" oder im "Schach von Wuthenow", treten uns in diesen Erinnerungen als reale Personen gegenüber.
Wer dagegen noch nicht mit Fontanes, zugegeben todlangweiligen, Romanen in Berührung gekommen ist, kann das Buch trotzdem mit wundervoll ironischem Unterton lesen.
Auch die Persönlichkeit des Menschen Fontane wird hier beleuchtet, und durchaus nicht nur aus einer ehrfürchtig erstarrten Perspektive! Zwar überwiegt doch die Zuneigung der zeitgenössischen Erinnerer, jedoch zeichnen gerade die den Texten vorangestellten Einführungen Fontane als barschen Kritiker, der ihm zugetragene Werke schonmal als "freche Schmierereien" verunglimpfte, und zuweilen gar als beleidigte Leberwurst, der sofort den Kontakt mit Verlegern abbrach, wenn diese einem seiner Romane eine schlechte Kritik zuteilwerden ließen.
Fontane erweitert außerdem auf herrliche Weise meinen Wortschatz ("Heulmeier", "Schoflinskischaft", "Quatschpeter", und so fort...). Wenngleich der Sprachgebrauch nicht immer einfach ist und man dieses Buch trotz kurzer Kapitel und nur ca. 300 Seiten nicht schnell weglesen kann, eine geradezu vorzügliche Anthologie!